Wie so oft hatten Missionare den Wein im Gepäck: 1779 pflanzten Franziskaner die ersten Kulturreben in Kalifornien. Der Weinbau entwickelte sich stetig. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren praktisch alle Weinanbaugebiete ausprobiert, 800 Weinbaubetriebe produzierten 1 Mio Hl Wein (etwa 1/10 der deutschen Ernte). Es folgten stürmische Zeiten: die Reblaus vernichtete viele Anlagen, vor allem aber die Prohibition (Alkoholverbot) in den 20er und 30er Jahren versetzte dem Weinbau einen schweren Schlag.
Erst 1970 kam der kalifornische Weinbau wieder auf die Füsse. Die Amerikaner entdeckten den Wein neu. Kalifornien kam mit neuen Sorten und anspruchsvolleren Weinen sehr schnell wieder ins Geschäft. Und zwar diesmal nicht nur national, sondern weltweit. Die Tatsache, dass der einflussreichste Weinkritiker der Welt, Robert Parker, Amerikaner ist und aus seinem "amerikanischen" Geschmack keinen Hehl macht, hat wesentlich dazu beigetragen, dass kalifornische Weine bekannt, populär und auch teuer geworden sind.
Heute produziert Californien etwa das 1, 5 fache einer deutschen Ernte - allerdings auf annähernd der dreifachen Fläche. Weiterer Unterschied zu Deutschland: es sind wiederum nur 800 Betriebe, die den kalifornischen Weinbau ausmachen. Bei uns wirtschaften mehrere
10.000 Winzer. (In den meisten Gebieten haben die Kellereien heute tatsächlich mehr als die Hälfte der Rebfläche im eigenen Besitz! Das ursprüngliche System von Kellereien, die ihre Trauben von unabhaengigen Traubenbauern zukaufen ist eher auf dem Rueckmarsch.)
Die Weinbaugebiete liegen im wesentlichen nördlich San Francisco. Die bekanntesten: Napa- und Sonoma-Valley.
Sorten: Chardonnay ist die am weitesten verbreitete Rebsorte. Danach Zinfandel ("die" ureigene kalifornische Rebe, die aber in Wirklichkeit die von italienischen Einwanderern mitgebrachte Primitivo-Rebe ist), Cabernet Sauvignon und Chenin blanc (der meistens in Verschnittweinen ohne Sortenangabe untergeht). Daneben aber wird in Kalifornien praktisch alles angebaut, was es an Sorten gibt. Vom Riesling über Merlot, Gewürztraminer, Sauvignon blanc bis hin zu den Sorten des französischen Südens (die sogenannten "Rhone-Rangers", Winzer, die auf Syrah, Mourvedre und Co. Setzen, machen derzeit einige Furore).
Klima: Die unterschiedlichen Höhenlagen, die Nähe oder Ferne vom Meer und die insgesamt rund 1000 Km Nord-Süd-Ausdehnung machen es möglich, für fast alle Sorten auch tatsächlich akzeptable Klimabedingungen zu finden. Es gibt kein einheitliches Klima, sondern viele Kleinklimata. Gemeinsam ist den kalifornischen Anbaugebieten, dass sie keine grosse Winterkälte kennen, wohl aber Spätfröste, die den schon treibenden Reben gefährlich werden können. Dagegen arbeiten die Winzer mit viel Technik an: Anti-Frost- Beregnung und vor allem Riesen-Ventilatoren, die die Kaltluft in Bewegung halten sollen, sind weithin sichtbar.
Der "californian style" die Kalifornier sind Motoren der Entwicklung im Weinbau. Sie kennen keine ausgepraeften Traditionen und haben sich früh und vorbehaltslos an den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft orientiert (die Univerity of California hat in Davis eine international führende Wein-Wissenschaftler-Schmiede). Hier ist die Kaltgaerung von Weisswein erfunden worden, die Arbeit mit Reinzuchthefen, jetzt wird dort auch gerne mit Umkehrosmose dem Wein wahlweise Wasser oder Alkohol entzogen.
Das Ziel: Weine zu erzeugen, wie sie der Verbraucher schätzt: gehaltvolle, extrem fruchtige, schnell zugängliche und nachhaltige Tropfen. Die natürlichen Voraussetzungen sind da, an den technischen wird ständig gebastelt (die Barrique-Welle rollte in Kalifornien an , der Trend rebsorten-reine Weine auszubauen, ebenfalls). Buttrig-Vanillige Chardonnays und Cabernets, die praegnant nach schwarzen Johannisbeeren duften, sind immer noch der Massstab. Allerdings zeichnet sich eine Verfeinerung deutlich ab. Verschiedentlich versuchen Kellereien auch nach europäischem Vorbild das Terroir, die Eigenheit einer Weinlage, zu betonen.
Spezialitäten: Neben vielen hochwertigen Weinen aus den genannten Rebsorten taucht auf dem Markt immer wieder der "white Zinfandel" auf. Das ist kein weisser Verwander der "Zin", sondern ein schnell abgepresster Roter, der damit nur wenig Farbe aus den Beerenhäuten aufnimmt und blass bleibt. (eine Art blasser Rose, wird international auch "Blush" genannt.) Meist sehr süss!
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