_Warum Teetesten?_ Am Anfang stand eine ganz bestimmte Teesorte und eine gewisse Erwartungshaltung. Naemlich die, dass diese Teesorte auch im nächsten Jahr noch genauso gut schmeckt und die gleiche Qualität hat. Für den Teehändler fällt jetzt noch der Begriff der Kaufentscheidung. Und die kann er nur treffen, wenn er weiss, ob der Tee, den er in einer grossen Menge für seine Kunden beziehen möchte, auch wirklich hält, was er verspricht.
Jetzt endlich kommt die Qualitätskontrolle ins Spiel, durchgeführt von einem professionellen Teetester (bzw. Teeverkoster oder Tea-Taster). Denn nur er kann mit all seinen Sinnen den Tee in seinen geschmacklichen Nuancen wiedererkennen und einordnen.
Sie sind laut dem Tee-Experten Ernst Janssen "geschulte Fachleute mit einer gut ausgeprägten Fähigkeit zur Wahrnehmung feinster Geschmacks- und Duftnuancen. Neben der Verkostung hochwertiger, meist lose im Handel verkaufter Plantagentees haben sie ständig über die Verwendung einzelner Teepartien und deren Eignung für Teemischungen als Basis" zu entscheiden.
_Markt und Muster - wie der Tee zu seinem Preis kommt_ Natürlich ist jeder ernsthafte Händler, der ein gut sortiertes Teegeschäft führt, geschmacklich in der Lage, Tee zu verkosten und zu beurteilen, auch wenn er im Inland das internationale Marktgeschehen nicht ganz so überblicken kann wie ein Importeur.
Einige Teehändler haben ihrer Ausbildung auch ein solides Fundament gegeben, indem sie in grossen Tee-Importfirmen an der Küste, also in Hamburg, Bremen oder in Ostfriesland, gearbeitet haben, und dort das Tee-Verkosten von der Pike auf gelernt haben. Das Teeverkosten ist im engen Sinne kein Lehrberuf. Meist hat der Lehrling im Rahmen einer Kaufmannsausbildung eben in einer grossen Tee-Importfirma die Gelegenheit bzw. Die Verpflichtung, das Tee-Verkosten von einem altgedienten Mitarbeiter zu erlernen.
Die Ware Tee variiert geschmacklich von Ernte zu Ernte, und auch die Preise gestalten sich unterschiedlich. In den grossen Teeanbauländern ist die Versteigerung die Regel. Die einzelnen Gärten schicken ihre Ernten an die Börsenplätze wie z.B. die Hafenstätte Calcutta oder Colombo, wo dann regelmässig einmal die Woche Teeauktionen stattfinden.
Die Auktionsbroker übersenden ihrer internationalen Kundschaft, sprich den Importeuren Proben der zur Versteigerung in Frage kommenden Tees mit entsprechenden Listen über die Bezeichnung und den sogenannten Rufpreis. Jeder Importeur, der an Tees interessiert ist, teilt dem Broker mit, welche Sorten er kaufen will und gibt sein entsprechendes Preislimit bekannt. Bevor jedoch die Gebote herausgegeben werden, ist der Teetester gefragt. Er muss die Ware bezogen auf ihre Qualität und ihren Preis einschätzen.
Zu dieser Einschätzung hat sich für alle Tester weltweit eine einheitliche Prozedur eingebürgert: sie benutzen ein fast überall gängiges Standartgeschirr, ein Standartmass und die selbe Ziehzeit.
_Geschirr und Raum_ Was zuerst kurios wirkt, macht beim nochmaligen Nachdenken wirklich Sinn - das Teeprobierzimmer muss Tageslicht haben, und das möglichst nur von Norden, damit die farblichen Unterschiede der Aufgüsse richtig beurteilt werden können, und nicht durch unterschiedliche Sonnenstände beeinflusst werden.
_Der Vorgang des Verkostens, der Degustation_ Einheitliches Vorbereiten des Tees: * Wiegen: Das Teemuster wird auf einer Handwaage abgewogen mit einem Sixpence-Stück von 2, 86 Gramm - hier ist wieder unverkennbar der lange Schatten des britischen Empire erkennbar (andere Quellen sagen, das Gewicht variiert zwischen 2, 2 und 2, 8g).
* Angiessen: Die Teeblätter werden in dem Teebecher mit siedendem Wasser angegossen, sprich, der Becher wird nicht ganz voll gemacht, und dann wird die Uhr auf eine Ziehzeit von fünf Minuten gestellt.
* Abdeckeln: Die Becher werden mit dem Deckel verschlossen.
* Vollgiessen: Sind alle Proben angegossen, werden jetzt die Becher bis zum Rand angefüllt.
* Abdeckeln: Die Becher werden mit dem Deckel verschlossen.
* Abgiessen: nach dem Ende der Ziehzeit wird der Tee aus dem Becher in die Tasse gefüllt. D. h. Mit zugehaltenem Deckel wird der Tee durch die Zahnung abgegossen, indem das gesamte Deckelgefäss einfach schräg auf die Teetasse gestellt wird, so dass das Teewasser ins darunter befindliche Gefäss abläuft.
* Teeblatt aufstellen: das Aussehen und die Beschaffenheit des abgegossenen Teeblattes trägt auch massgeblich zur Urteilsbildung des Verkostens bei, deswegen wird der Deckel mit dem abgegossenen Teeblatt, die sogenannte Infusion, umgekehrt auf das Deckelgefäss gestellt.
Beginn der eigentlichen Verkostung:
Das Verkosten: Kucken, Riechen, Schlürfen, Spucken Drei Schritte sind wesentlich beim Verkosten:
1. das Prüfen des trockenen Blatts 2. das Testen der Infusion, also des aufgegossenen Blatts 3. das Begutachten und Testen des gekochten Tees Prüfen des trockenen Blatts: Der Tester legt neben das Probiergeschirr auch eine Schale mit dem trockenen Blatt. Dieses prüft er, ohne Rücksicht auf den Blattgrad, auf bestimmte Eigenschaften: einheitlich soll das Blatt sein, es muss dem angegebenen Blattgrad entsprechen, und auch Farbe und Aussehen wird bewertet. Ferner überprüft der Tester die Sauberkeit - es dürfen keine Stengel oder andere Stückchen oder gar Staub im Blattgut sein. Dann kann man das Blatt nicht nur optisch, sondern auch haptisch auf ganz gewisse Eigenschaften hin überprüfen.
Testen der Infusion:
Wie bereits beschrieben, hat der Tester den fertig gezogenen Tee aus dem Becher in die Tasse gegossen und die Blätter auf den Deckel zur Begutachtung gelegt. In diesem zweiten Schritt untersucht der Tester das Aroma der Infusion, er nimmt also das gekochte Teeblatt in Augenschein und riecht daran. Die Herkunft muss klar erkennbar sein, charakteristisch für das Anbaugebiet, und es darf kein Fremdgeruch daran haften, herrührend beispielsweise vom Transport oder von einer falschen Lagerung.
Begutachten und Testen des aufgebrühten Tees: das Verkosten
Der letzte und wichtigste Schritt, der jetzt folgt, ist das eigentliche Verkosten, und ist für alle, die das beim Tee noch nie gesehen haben, vergleichbar mit einer Weinverkostung. Der Tee wird entweder mit einem Löffel aus der Tasse entnommen oder, je nach Gepflogenheit, gleich aus der Tasse geschlürft. Der Tester überprüft in diesem "einen Schluck Tee" neben der Farbe seinen Duft, seinen Charakter und seine Kraft, also das ganze Spektrum, mit dem sich das Tee-Aroma umschreiben lässt.
Zu guter Letzt wird, auch wie bei der Weinprobe, das ganze wieder ausgespuckt, und ein Urteil gefällt. Dieses Urteil, das in wenigen Sekunden zustande kommt, basiert natürlich auf einer jahrelangen Erfahrung. Sieben bis zehn Jahre dauert es, bis der Geschmacks- und Geruchssinn eines professionellen Teetesters ausgeprägt ist, bis er die ganze Palette der verschiedenen Teesorten und dazugehoerigen Qualitäten kennt und sie blind verkosten kann.
Letztendlich geht es beim Verkosten um kleine Nuancen, die es herauszuschmecken gilt. Für einen Teetester ist es nichts ungewöhnliches, pro Tag um die 500 verschiedenen Teeproben zu verkosten. Rechnet man das dann um, wie viel Tees man dann in einer Spanne von nur fünf Jahren probiert hat, kann man sich ausrechnen, wie viel Zeit, Geduld und Erfahrung in Sachen Geschmack und Aroma zusammen gekommen sind.
Experte im Studio: Christoph Michaelsen, Teehändler, Bremen Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Swr Zuschauerpost Telefon: 07221-929-4636 mail: tv@swr. De
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