Latte Art bedeutet übersetzt "Milchkunst", aber was heisst das denn genau? Latte Art beschreibt die Fähigkeit des "Kaffeekochers", Kaffeegetränke wie Cappuccino mit Milchschaum kunstvoll zu dekorieren. Es gibt vier unterschiedliche Möglichkeiten, wobei nur drei als Latte Art bezeichnet werden sollten.
Den meisten Menschen ist bekannt, dass man mit Schablonen und Kakaopulver Herzen oder Gesichter auf Milchschaum streuen kann, aber das ist eher etwas für den Hausgebrauch, und wahrlich keine Kunst.
Bei Latte Art unterscheidet man im Wesentlichen drei Techniken: das Giessen, das Zeichnen und das Carving (englisch für "schnitzen"), wobei man davon ausgeht, dass es nur sehr wenige Menschen weltweit gibt, die die Technik des Carvings beherrschen.
_Die Basis: Milchschaum & Espresso_
Es klingt banal, aber das wichtigste an der Verzierungskunst des Kaffees ist der Milchschaum. Er muss möglichst feinporig und frisch sein, ähnlich dem Eischnee. Allein um den Milchschaum so zuzubereiten, braucht man schon viel Übung und die entsprechende Technik; man muss die Materie Milch verstehen. Welche Milch eignet sich am besten? Wann muss ich anfangen und aufhören zu schäumen? Was sollte ich beachten? Milchschaum entsteht durch die Durchmischung der Milchproteine mit Luft. Das ist das grosse kleine Geheimnis und auch die Kunst beim Aufschäumen. Soll der Milchschaum gelingen, sollte immer knapp unterhalb der Oberfläche der Milch aufgeschäumt werden.
Die Profis in einer Espresso-Bar schäumen mit heissem Wasserdampf auf. Diese Technik befindet sich auch als Zusatz an vielen Espressomaschinen und Kaffee-Vollautomaten. Beim Aufschäumen mit einem Dampfrohr bzw. Einer Dampfdüse wird durch den in die Milch eingeleiteten Dampfstrom die Luft in die Milch eingeleitet und eingewirbelt. Wird zu tief geschäumt, wird keine Luft in die Milch eingebracht, wird zu oberflächlich geschäumt, entstehen zu grosse Blasen statt des feinporigen, cremigen Milchschaums.
Kontrollieren lässt sich die Temperatur bei der Methode mit der Dampfdüse am einfachsten durch Auflegen der Hand am Aufschaeumgefaess. Denn so merkt man ganz schnell am eigenen Leib, ob es der Milch jetzt "zu heiss" wird oder nicht.
Die Schaumkonsistenz ist weiterhin vom "Alter" des Milchschaums abhängig. Je länger der Schaum steht, umso fester wird er, da die zwischen den Luftblasen befindliche Milch langsam zurücklaeuft, der Schaum also "durchtrocknet". Dieser trockene Schaum wird dann benötigt, wenn es zu keiner oder nur geringer Durchmischung zwischen Kaffee und Milchschaum kommen soll, also eine feste Schaumhaube aufgesetzt werden soll.
Soll hingegen - wie beim Cappuccino der Fall - eine cremige Durchmischung zwischen der Crema des Espresso und des Milchschaums stattfinden, so ist der Schaum unmittelbar nach dem Schaeumen zu verwenden.
Zweiter wichtiger Bestandteil für Latte Art ist der Kaffee, genauer gesagt ein Espresso, der eine möglichst dicke Crema hat, um später mit ihr zu arbeiten. Natürlich sollte der Espresso auch geschmacklich gut sein. Denn selbst wenn Latte Art ein optisch schöner Effekt ist, soll das Getränk hinterher getrunken werden, sprich es muss qualitativ einwandfrei sein.
Als weiteren Effekt kann man auch Kakaopulver einsetzen, um bestimmt Muster oder Schattierungen zu erzeugen.
_Giessen_ Unter Giessen versteht man das Hinzufügen des flüssigen Milchschaums auf den Espresso - als Ergebnis entsteht ohne weitere Hilfsmittel ein Muster aus der Crema und dem Milchschaum. Die meisten Anfänger denken, dass man den Milchschaum während dem Giessen auf die Crema setzt und dadurch das Muster entsteht, aber es ist viel mehr eine Verdraengungstechnik. Nach viel Übungsstunden weiss man, wie man die Kanne ankippt, wie man das Handgelenk schüttelt, oder welche Kreisbewegungen man machen muss, um mit dem Schaum die Crema zu verdrängen, um ein bestimmtes Muster entstehen zu lassen. Die bekanntesten Muster sind das Herz, das Farnblatt oder auch der Apfel, wobei es auch hier weiter Formen gibt, wie zwei Farnblaetter in einer Tasse oder das Herz am Stiel, Herz im Herz, usw.
_Zeichnen_ Das Zeichnen ist bereits die fortgeschrittene Stufe in der hohen Schule von Latte Art. Beim Zeichnen gibt es auch wieder Unterscheidungen. Entwerder man zeichnet nur mit dem Milchschaum oder man zeichnet mit Hilfsmitteln wie Schokoladensosse oder Lebensmittelfarbe.
Anders als beim Giessen braucht man zum Zeichnen auf alle Fälle Hilfsmittel. In italienischen Kaffee-Bars benutzt man zum Verzieren ganz traditionell Stachelschweinborsten. In "Ermangelung" an Stachelschweinen benutzt man jetzt eher Zahnstocher oder auch Kunststoffstifte aus dem Haushaltsbedarf. Eine professionellere Variante sind Edelstahlbestecke, da diese sich aus hygienischen Gründen einfach besser reinigen lassen und damit wiederverwendbar sind.
Zur Praxis: Beim Zeichnen nur mit Milchschaum hebt man mit einem Trick den Milchschaum unter die Crema des Espresso, sodass man eine komplett braune Oberfläche erhält. Nun kann man mit dem Löffel einen Klecks Milchschaum in die Mitte setzen und mit dem Werkzeug auseinanderziehen, damit ein Muster entsteht. Ein Beispiel hierfür ist das Sonnenrad oder eine Spirale.
Beim Zeichnen mit Schokoladensosse verfährt man ähnlich. Zuerst muss man entscheiden, ob man entweder auf die Crema zeichnet oder auf den weissen Milchschaum. Nun setzt man verschiedene feine Striche mit Schokoladensosse und zieht diese mit dem Werkzeug auseinander. So erhält man Sonnenuntergänge, verschiedene Blumen, ein Kreuz mit Spirale oder sogar den indischen Palast Taj Mahal! _Carving_ Die Königsdisziplin der Latte Art ist das so genannte Carving. Man geht allerdings davon aus, dass es maximal fünf Menschen weltweit gibt, die diese hohe Kunst beherrschen. Carving kommt aus dem englischen, ist die Bezeichnung für schnitzen und bedeutet in unserem Fall, dass man an manchen Stellen Milchschaum abtraegt und diese an anderen Stellen wieder hinzufügt. Dadurch entstehen 3-dimensionale Muster auf dem Cappuccino. Das Getränk wird zu einem hochaufgetuermten, verzierten Kunstwerk, das neben Symbolen, Zeichnungen und Schattierungen auch noch verschieden geformte Ebenen aufweist, zum Beispiel eine nach innen laufende, schraffierte Spirale oder eine Blume mit vielen Blütenblättern.
_Tipps und Zubehör_ Generell ist nicht nur der Milchschaum, sondern auch die verwendete Aufschäumkanne wichtig. Es kommt vor allem auf die Grösse der Kanne und die Form der "Nase" an.
Man sollte die Grösse der Kanne immer an die Anzahl der zu erstellenden Getränke anpassen. Es sieht nicht gut aus, wenn man mach dem Zubereiten noch die halbe Kanne mit Milch gefüllt hat.
Hierfür sollte man von Anfang an kleine Kannen benutzen. Zur Nase ist zu sagen, je ausgeprägter und spitzer die Nase, umso feiner kann man die Muster giessen.
Wahrscheinlich muss der Einsteiger erst mal die richtige Schaumtechnik üben, aber das mit dem Zeichnen ist kein grosses Problem. Wenn der Schaum stimmt, kann man schnell erste Erfolge erzielen. Eine Sossenflasche bekommt man in fast jedem Bastel- oder Kreativmarkt bei Artikeln für Seidenmalerei. Zahnstocher sind überall vorhanden oder man schafft sich Werkzeug aus Edelstahl an.
Kakaostreuer und auch die Schaumkannen bekommt man in gut sortierten Haushaltswarengeschäften. Eine andere Möglichkeit wäre auch die Lieblings-Kaffeebar um die Ecke.
Experte im Studio: Eric Wolf, Barista aus Mannheim (hat den 2. Platz beim Latte Art Wettbewerb in Düsseldorf dieses Jahr gewonnen)
ilchkunst. Rtf
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