Im Piemont liebt man in dieser kalten Jahreszeit ein Gericht, das sich mit einer Art Fondue vergleichen lässt: Bagna cauda. Übersetzen lässt sich das etwa mit "heissem Bad", und das ist es auch. Ein heisses, würziges, knoblauchduftendes Ölbad für Gemüse. Und ein unglaublich gemütliches Essen. Die Gäste sitzen rund um den Tisch, im Piemont hat jeder ein eigenes kleines Stövchen, in dem die herzhafte Sauce am Brodeln gehalten wird. Wir nehmen einfach einen normalen Topf, in dem die würzige Sauce auf dem Rechaud siedend gehalten wird.
Die Bagna cauda ist ein Riesenspass, ein höchst geselliges Essen, das sich den ganzen Abend über hinziehen kann, und es schmeckt umwerfend gut. Es ist für den Silvesterabend besonders gut geeignet, denn die Beschäftigung damit verkürzt die Zeit, bis das neue Jahr begrüsst werden kann, auf das unterhaltsamste! Im Piemont nimmt man übrigens irdene Töpfchen, in denen die Sauce am Kochen gehalten wird. Wir ersetzen sie einfach durch einen Fonduetopf.
Die geschälten Knoblauchzehen in ¼ Liter Öl eine gute Stunde leise "simmern" lassen. Wenn gesalzene Sardellenfilets verwendet werden, das Salz unter Wasser kurz abspülen. Die Sardellenfilets zufügen, bereits nach wenigen Minuten alles mit dem Mixstab fein pürieren und noch ¼ Liter Olivenöl einrühren - fertig ist die Sauce, die zusammen mit dem Gemüse auf den Tisch gestellt wird - die Gäste bedienen sich dann selbst.
Zuvor wird das Gemüse für die Bagna cauda natürlich vorbereitet. Was gekocht werden soll, wird geputzt und entsprechend zugeschnitten: Der junge Wirsingkopf wird von seinen welken Aussenblättern befreit und geviertelt, die Möhren werden geschält, bleiben aber ansonsten unzerteilt (man kann sie auch roh belassen, dann werden sie geschält und längs in Stifte geschnitten), vom Mangold lassen sich Blätter wie Stiele verwenden, Blumenkohl, Broccoli und Romanescu (Türmchenkohl) wird in Röschen abgeteilt, Fenchel halbiert oder geviertelt. Alles wird jeweils in Salzwasser oder im Dampf ein paar Minuten bissfest gegart. Übrigens hat Fenchel auch im rohen Zustand seine Liebhaber. Dafür die Fenchelstücke mit Zitronensaft beträufeln, damit sie nicht anlaufen.
Zwiebeln, Kartoffeln und Rote Bete werden am besten im Backofen gegart. Nebeneinander in eine passende Backform setzen. Bei 200 °C brauchen sie etwa eine Stunde, bis sie weich und gar sind.
Paprika in allen Farben wird in Streifen geschnitten, Stangensellerie von seinen Fäden befreit beziehungsweise Karden wie unter Tipp I beschrieben zubereitet. Gurke in Stücke schneiden und den Radicchiokopf auseinander zupfen.
Alle Gemüse dekorativ auf grossen Platten drapieren und auf dem Tisch bereitstellen.
Tipp I: Karden sind ein bei uns noch eher unbekanntes Gemüse. Im Piemont jedoch gehören sie zwingend zur Bagna cauda. Die armlangen Stauden stammen aus der Familie der Artischocken und sind ein ausgesprochenes Wintergemüse. Für die letzten Wochen vor der Ernte werden sie von Papier- oder Plastik umhüllt, damit sie bleichen, wie man das auch mit Stangensellerie macht. Die Stauden werden küchenfertig gemacht. Dabei alle Blätter entfernen, da sie sehr bitter und nicht geniessbar sind. Die einzelnen Stiele auseinander trennen und fädeln: Dafür mit einem Messer am oberen und unteren Ende ein Scheibchen abschneiden und vorsichtig die so gelösten Fäden abziehen. Die Stiele in 4 bis 5 Zentimeter lange Stücke schneiden und sofort in Zitronenwasser legen, damit sie sich nicht verfärben.
Zum Kochen setzt man einen Sud aus 2 Litern Wasser an, der mit einem Esslöffel Salz, zwei Esslöffeln Mehl und drei Esslöffeln Zitronensaft verquirlt ist. Darin bleiben die Karden auf jeden Fall schön hell. Sie müssen 1, 5 bis 2 Stunden kochen, bis sie schmelzend weich sind.
Tipp Ii: Es muss ja nicht immer gleich der gesamte vorbereitete Gemüsevorrat auf den Tisch gestellt werden. Lieber in kleinen Portionen anrichten - sobald die Platte leer ist, kommt Nachschub aus der Küche. Denn: Zu gross darf der Tisch ja nicht sein, sonst sitzen die Gäste zu weit vom Topf entfernt ...
Und so wird serviert Die Sauce wird auf einem Rechaud bei Tisch am Sieden gehalten. Die Gäste nehmen sich vom Gemüse, schöpfen sich kochend heisse Sauce darüber, die sie dann mit krumigem Weissbrot auftunken können, oder tauchen rohes Gemüse in die siedende Sauce ein. Die Sauce immer wieder umrühren, damit die Knoblauch-Sardellen-Paste nicht ansetzt.
Am besten einen Holzlöffel zum Schöpfen benutzen, da ein Metalllöffel zu heiss werden kann.
Tipp Iii: Ganz zum Schluss kann man noch für jeden - falls noch Hunger vorhanden ist - ein bis zwei Eier ins verbliebene Öl schlagen und diese unter behutsamem Rühren stocken lassen: ein Rührei der Extraklasse! Getränk Dass grössere Mengen Wein nötig sind, um das Essen zu verdauen, versteht sich. Ein intensives Gewächs ist hier angesagt, natürlich aus dem Piemont, ein kraftvoller Dolcetto d'Alba oder ein Barbera d'Alba, weil er eine schöne, aggressive Säure hat. Selbstverständlich gehört zum Durstlöschen auch ein schmackhaftes Mineralwasser dazu.
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