Knochenarbeit in romantischer Kulisse Wohl keine Region ist so bestimmend für die Bilder über den deutschen Weinbau wie das Mittelrheintal zwischen Bingen und Koblenz. Rund 100 Kilometer ziehen sich die Weinberge an beiden Seiten entlang des Flusses, am rechten Ufer sogar noch weiter, bis zum Siebengebirge. Dabei ist die Region eines der kleinsten deutschen Anbaugebiete. Nur rund 550 Ha sind mit Reben bewachsen. So manches Dorf in der Pfalz hat mehr Rebfläche.
Die Römer brachten den Weinbau an den Rhein - und den Weingenuss! Bacharach z.B. leitet sich von lateinischen Bacchi ara - "Altar des Bacchus" - ab. Bacharach war von der Römerzeit bis ins 17.
Jahrhundert ein wichtiger Handelsort für Wein aus ganz Deutschland. Bacharach war die letzte Stadt, die von Norden her sicher mit dem Schiff erreichbar war, da das Bingener Loch nur im Frühjahr bei Hochwasser passiert werden konnte. Als die Schiffbarkeit des Rheins verbessert wurde, konnte der Wein direkt transportiert werden - an Bacharach vorbei.
Noch vor 100 Jahren gab es auf steilen und nur zu Fuss zugänglichen Terrassen fast viermal so viele Weinberge wie heute. Sie zu bewirtschaften ist mühsam und teuer. Deshalb liegen immer mehr dieser Flächen brach. Das bedauern selbst die Naturschützer, denn die offenen Weinberge bieten Lebensraum für viele wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten. Um den Artenreichtum zu erhalten versucht man, die Weinberge zumindest buschfrei zu halten. Die Verbuschung der Hänge ist auch den Tourismus-Experten ein Dorn im Auge, denn zum Mittelrhein-Mythos gehören die Weinberge einfach dazu.
Die Hotels und Restaurants der Region tun allerdings nicht eben viel dafür, dass die Winzer überleben können. Sie drücken die Preise, bieten ihren Gästen schlechte Qualitäten an oder verkaufen billigere Weine aus den grossen Anbaugebieten weiter südlich. Nach Meinung der Wirte hingegen sind die Winzer selbst an der Misere schuld, weil sie hohe Preise für dünne Weine verlangen.
In der Sektindustrie hatten die Weine vom Mittelrhein traditionell einen grossen Markt, doch sind sie mittlerweile von Billig-Importen verdrängt worden.
Längst nicht alle Weinberge liegen direkt am Rhein, im Gegenteil.
Der Fluss verläuft nur an wenigen Stellen in Schleifen so, dass sich nach Süden gerichtete Hänge ergeben. Grosse Flächen wachsen deshalb an den Südhängen der von Westen zufliessenden Seitentaeler, zum Beispiel etwa im Tal des Münzbachs bei Bacharach oder bei Oberwesel.
Der Mittelrhein wird vom Riesling dominiert. Rund drei Viertel der Fläche sind mit Reben dieser Sorte bestockt. Müller-Thurgau und Spätburgunder liegen mit je sieben Prozent dahinter. Die Rieslinge des Mittelrheins sind denen es Rheingaus nicht unähnlich, aber oft weniger mächtig und mit höherer Säure ausgestattet. Sie sind sehr mineralisch. Schiefer- und Grauwacke-Böden speichern die Sonne, die grosse Wassermasse des Flusses gibt nachts Wärme ab. Das verhilft den Mittelrhein-Weinen gerade in mässigen Jahren immer noch zu ordentlichen Qualitäten.
Wie fast überall hat sich auch am Mittelrhein eine Gruppe von Winzern deutlich von den Durchschnitts-Qualitäten abgesetzt. Ganz ohne Frage gehören dazu die Weingüter Jost, Ratzenberger, Kauer und Bastian in Bacharach, Lanius-Knab sowie Albert und Gerhard Lambrich in Oberwesel.
In jüngerer Zeit versucht die Weinwerbung der Region, bekannte Begriffe zu nutzen. So wurde der grösste Teil des Gebiets mit dem Bereichsnamen "Loreley" belegt, der damit auch auf dem Etikett auftauchen darf. Ausgerechnet die eher geringwertigen Weine dürfen sich auch mit dem Namen "Rheinburger Landwein" schmücken.
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