Zur Geschichte: Bei einem Schälchen Bagna caoda werden sich auch die dickkoepfigsten Streithammel Piemonts einig. Bagna caoda ist das Gericht der Freundschaft und will in Gesellschaft verzehrt werden. Zusammen mit einer heissen Suppe oder zwei in Wein gegarten Birnen wird sie zu einer vollständigen Mahlzeit.
Bagna caoda ist eine kräftige Sauce für starke Mägen, für Leute, die sich nicht vor dem Geruch des Knoblauchs und den salzigen Sardellen fürchten und anschliessend weder ein Rendez-vous noch ein Arbeitsgespraech haben. Die schlichte und einfache Bagna caoda entstand vor Jahrhunderten wohl im Zusammenhang mit der Salzstrasse, die durch Piemont führte. Auf ihr reisten Sardellen- und Ölhaendler aus dem benachbarten Ligurien. Die Kochbücher des 19. Jahrhunderts kombinierten die Bagna caoda mit Karden (zarten Distelhalmen), bereits hundert Jahre früher wurde sie im 'Cuoco Piemontese' erwähnt.
Der klassischen Version zufolge wurden nur Karden und Paprika verwendet: keine Milch, um den durchdringenden Knoblauchgeruch zu mildern oder die Verdauungsmuehen des Magens zu erleichtern, kein anderes Gemüse. Und dazu trank man literweise Barbera und Dolcetto.
Der Knoblauch wurde damals zur Hälfte zerstossen, zur Hälfte blättrig geschnitten und roh genossen, die Sardellen wurden nur kurz mit den Händen vom Salz befreit und dann ganz, mit den Gräten, in das kochende Öl von der Riviera Ponente geworfen, wie sie der Kenner schätzt. Der Dianet, d. H. das breite und flache Tontiegelchen für die Bagna caoda, stand in der Mitte des Tisches. Jeder tauchte dort sein Gemüse ein und führte dann das vor Öl triefende Gemüse mit einem Stück Brot zum Mund.
Zum Rezept: Rosa Cerrato: Ich schäle die Knoblauchzehen sauber ab und entferne den Keim in der Mitte, wenn sie nicht mehr ganz frisch sein sollten.
Ich gebe sie zusammen mit der Milch in eine Kasserolle und lasse beides aufkochen und gare den Knoblauch anschliessend etwa eine Stunde bei kleiner Flamme weich.
Die Verwendung von Milch ist laut Originalrezept verpönt; ich habe mir jedoch erlaubt, ein Rezept zu entwickeln, das unseren heutigen Essgewohnheiten etwas mehr entgegenkommt.
Ich giesse die Milch ab und zerdrücke den Knoblauch mit einer Gabel.
Ich gebe ihn in eine feuerfeste Terrine zum Olivenöl und den entsalzten und entgräteten Sardellen. Ich erhitze und rühre das Ganze, bis sich die Sardellen aufgelöst haben und eine gleichmässige Creme bilden.
Die Bagna caoda (wörtlich: warme Sauce) kann nun in den kleinen Dianet (Tonpfaennchen) serviert werden, in die jeder sein Gemüse taucht. Das Gemüse muss sauber geputzt und zubereitet sein. Man sollte verschiedenerlei und besonders auch rohes Gemüse reichen. Mein Serviervorschlag: Man schneidet die Karden in kleine Stückchen und entfernt dabei die Fäden, Paprika, Wirsing, Blumenkohl und rote Bete schneidet man in Scheiben, Topinambur werden geschält, Kartoffeln und Karotten ganz serviert.
Jeder Gast kann schliesslich sein Gemüse noch individuell zurechtschneiden.
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