_Die Ortenau - "Toscana Deutschlands" und Zentrum der Schnapsbrenner_
Die Ortenau liegt zwischen Baden-Baden und Freiburg und erstreckt sich von den Gewässern des Oberrheins im Westen bis zu den Ausläufern des Schwarzwaldes im Osten. Manch einer nennt diese Region liebevoll die "Toscana Deutschlands": Milde kurze Winter und warme Sommer begünstigen die Fruchtbarkeit der Vorgebirgszone zwischen Schwarzwald und Oberrhein. Blumen, Reben und Obst in Hülle und Fülle prägen diese Kulturlandschaft. Himbeer-, Johannisbeer-, Erdbeerkulturen, Kirschen, Zwetschgen, Mirabellen und Äpfel werden hier angebaut.
Um die 890 Hausbrennereien destillieren in der Ortenau, genauer gesagt in der Stadt Oberkirch, aus den unterschiedlichen Früchten Kirschwasser, Mirabellen- und Zwetschgenwasser, Himbeergeist, William und viele weitere Edelbraende. Ein Privileg, das auf das 18. Jahrhundert zurückgeht. 1726 gestattete der Strassburger Bischoff Rohan den Bauern in seinem rechtsrheinischen Herrschaftsgebiet überschüssiges Obst zu destillieren. Bis heute behaupten die Kleinbrenner ihr uraltes verbrieftes Recht und produzieren weiterhin fleissig ihr Schwarzwälder Kirschwasser.
_Die Ortenauer Stilkirsche - von der Kirsche zur Schnapskirsche_
Diese Spezialität aus der Ortenau könnte man vereinfacht gesprochen eine Praline mit Stil nennen, "gefüllt" mit einer in Schwarzwälder Kirschwasser eingelegten Kirsche.
Der Werdegang dieser Leckerei fängt viel viel früher an: bereits bei der Ernte im Sommer wird darauf geachtet, dass die Kirschen nicht ganz vollreif sind, sondern nur zu 7/8, wie der Experte sagt, damit der Stil auch an der Kirsche haften bleibt. Nach dem Waschen werden die Kirschen mit kleinen Nadeln mit mehreren Stichen pikiert, sprich die Oberfläche des Kirschfleischs wird verletzt, damit das Kirschwasser besser in die Frucht gelangt.
Nun kommen 3 Kilogramm der präparierten Kirschen in riesige Gläser, aufgefüllt wird das Glas mit etwa 3 Liter Kirschwasser. Bei kühler Temperatur im Keller lagern die Kirschen etwa ein halbes Jahr. Während dieser Zeit werden die Konzentrationen angeglichen, eine sogenannte Osmose findet statt. Vereinfacht gesagt fliesst der Kirschsaft aus der Frucht hinaus, und der Alkohol fliesst in die Frucht hinein. Durch diesen Konzentrationsausgleich hat die Kirsche den Alkoholgehalt von 22 bis 24 Prozent, ähnlich eines kräftigen Likörs, das Kirschwasser verfärbt sich rot und hat nun auch 24 Prozent.
_Von der Schnapskirsche zur Praline_
Kommt das Glas nach einem halben Jahr aus dem Keller, wird das Kirschwasser abgegossen, und als sogenannte Tränke für Torten (z.B. für die Schwarzwälder Kirschtorte) weiterverwendet.
Der Confisier stellt einen Fondant her, das ist eine gekochte weisse Zuckerglasur. Die abgegossenen Kirschen taucht er in den noch warmen Fondant. Dann lässt man sie trocknen, und tunkt sie in die Kuvertüre, also die dunkle Schokolade.
Jetzt darf immer noch nicht gekostet werden. Die Pralinen müssen vor dem Verzehr etwa 5 Tage stehen, damit die Fondantschicht rund um die Kirsche flüssig werden kann. Der Zucker trocknet, er ist hygroskopisch, zieht also in einem langsamen Prozess Wasser an. Bei dieser Praline zieht der Zucker aus der Schnapskirsche die Flüssigkeit heraus. Daraus bildet sich zwischen Frucht und Schokoladenhuelle eine süsse, sirupartige Umhüllung aus Kirschlikör. Erst jetzt darf die Ortenauer Stilkirsche probiert werden, und hier gilt wieder: je frischer, desto besser....
Experte im Studio: Volker Gmeiner, Chocolatier aus Oberkirch in der Ortenau
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Swr Zuschauerpost Telefon: 07221-929-4636, mail: tv@swr. De
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