Das pikante Würzmittel taugt nicht nur zum Würstchen Senf zur Weisswurst, zum Wurstbrot oder zum Grillfleisch, das kennt jeder. Aber Honigsenfsahne zu Erdbeeren, das kann doch wohl nicht gut gehen ... Doch das geht und vieles mehr.
Der Koch Heinrich Leipold kann sich Gerichte ohne die gelbe Paste gar nicht mehr vorstellen. Auf der Speisekarte steht eine Bärlauch-Senfsuppe, er mischt Limonen-Senf in die Sauce Hollandaise und mariniert Putenrouladen pikant mit Chili-Senf. Sogar unter die Sahne zu den Erdbeeren mischt er das Würzmittel und schwört, dass diese schräge Kombination das Dessert nicht verdirbt. Denn Senf, sagt er, sei ein Gewürz wie andere auch. Man kann alles damit machen. Es kommt nur auf die richtige Sorte und Menge an.
Unter 17 Senf-Sorten kann Leipold wählen, denn er kocht im Restaurant "Schnabuleum" in Monschau. Gleich nebenan steht eine Senfmühle. Seit über 100 Jahren stellt die Familie Breuer hier Senf her, im traditionellen Verfahren und nach Familienrezepten.
Senfmueller Guido Breuer und seine Tochter Ruth werden nicht müde, immer neue Sorten zu komponieren, für die sich der Koch dann passende Menus ausdenkt. Tomatensenf passt gut zu Käse, Feige zu Wild, Honig-Dill zu Lachs und Johannisbeere zum Matjes. Ein Ingwer-Senf ist gerade in Arbeit.
Moutarde sagen die Franzosen zum Senf, Mustard die Engländer - Mostrich heisst es im alten deutschen Sprachgebrauch. Wortursprung ist das Lateinische mustum ar-dens - brennender Most. Denn früher wurde Senf nicht mit Essig hergestellt, sondern mit Most, dem Saft unreifer Trauben. Jedes Land hat seine eigenen Sorten, die zur Küche passen.
Die Senfsaat reift in Schoten. Für die Verarbeitung zu Senfpaste eignen sich weisser, schwarzer und brauner Senf. Scharfmacher sind die so genannten Glykoside im Senföl - das Sinalbin im weissem Senf - das Sinigrin in schwarzem und braunem Senf. Die Schärfe entwickelt sich aber erst beim Knacken der Samenschalen. In Monschau werden Senfpulver, Essig, Wasser und Gewürze zunächst im so genannten Maischebottich vermischt: Die Maische ruht über Nacht und entwickelt währenddessen eine Art Bukett, ähnlich wie bei einem Wein. Am nächsten Tag wird sie zwischen die Mahlsteine gepumpt.
Durch das Mahlen in zwei Durchgängen verbinden sich die Zutaten zur Paste.
In der Mühle der Breuers wird kalt vermahlen, ein schonendes Verfahren, bei dem die wertvollen ätherischen Öle erhalten bleiben. Bis zu 400 Kilogramm stellen die Breuers in ihrer Mühle am Tag her, je nach Bedarf. Das dauert meist einen ganzen Tag. Dann steht der Senf dort noch mal etwa acht Tage. Konsistenz und Schärfe verändern sich in dieser Zeit noch etwas.
Bestimmte Senfsorten schätzt Ruth Breuer in ihrer eigenen Küche besonders, zum Beispiel den Orangensenf zu einem kräftigen Salat wie dem Eichblatt, zu Ente, zu Camenbert oder Ziegenkäse. Auch die Sosse ihres Schweinebratens bekommt mit einem Löffel Orangensenf einen ganz anderen Geschmack als üblich. Dessen Rezeptur verrät Ruth Breuer natürlich nicht.
Im Prinzip ist Senf nicht schwer herzustellen, lässt sich also auch gut selber machen. Für den Orangensenf braucht man weisses Senfmehl aus dem Reformhaus oder der Apotheke. Dazu Kräuter-Weinessig, Wasser, Orangenkonfitüre, abgeriebene Orangenschale, Zitronensaft, Salz, Cognac und Sonnenblumenöl. Die Zutaten werden gemischt, ruhen über Nacht, am nächsten Tag noch mal gemischt und in Gläser abgefüllt. (Rezept siehe unten) Wer seinen Senf gerne scharf mag, dem rät die Senfmuellerin, den Topf immer gut zu verschliessen und kalt aufzubewahren. Bei Zimmertemperatur wird die gelbe Paste mild und würzig, wenn man ab und zu den Deckel abnimmt. Senf hält sich mindestens ein Jahr.
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