Die populärsten Flaschenformen für Wein heissen nicht umsonst "Bordeaux"- oder "Burgunderflasche". Die Flasche war eines der frühesten Werbemittel für Wein. Sie signalisierte, woher der Wein kam. Mehr oder minder stark standardisiert sagte die braune Schlegelflasche "Ich bin vom Rhein", die grüne "Ich von der Mosel". Das hat sich allerdings im Zuge der Globalisierung der Weinwelt hinlänglich verändert. Heute sagt die Flaschenform sicherlich mehr über den Weintyp aus (so wie ihn der Winzer einstuft) als über die Herkunft. Mit vielleicht einer Ausnahme: dem Bocksbeutel. Er stand und steht für Frankenwein - wenngleich es ihn nicht nur dort gibt.
_Geschichte_
Das Urbild des Bocksbeutels ist - wo wohl?! - in Franken ausgegraben worden. Es handelt sich um eine Flachkugelflasche aus der Zeit um 1400 vor Christus. Diese Flaschenform ist allerdings weltweit wie von selbst entstanden. Insofern kann man von einer optimalen Form sprechen. Und es ist muessig darüber zu streiten, ob sie nun so aussieht, weil das die praktische Weiterentwicklung der Kugelflasche ist (die man schwer an den Gürtel hängen konnte und die gerne beim Picknick am Hang wegrollte) oder weil sie eben aus Leder vom Hodensack des Ziegenbocks gemacht wurde, der genau diese Form hat. Beides ist wohl unabhaengig von einander richtig. Es gibt solche Gefässe in fast allen Gesellschaften und aus den unterschiedlichsten Materialien.
Dass ausgerechnet Franken sich diese traditionelle Form sichern konnte, das hat von Anfang an mit gezieltem Marketing zu tun. Und das im frühen 18. Jahrhundert! Jedenfalls ist urkundlich verbürgt, dass der Würzburger Stadtrat 1728 beschloss, die besten Weine des Bürgerspitals aus der Lage "Würzburger Stein" in Bocksbeutel zu füllen. Damit wollte man "allenfallsige Handelsmissbraeuche" bekämpfen. Die Flaschen sollten dann noch mit dem Stadtwappen versiegelt werden. Ende des 18. Jahrhundert hat sich diese Flaschenform dann - ohne das Siegel - in der ganzen Region durchgesetzt. Nach dem der Bocksbeutel in den vergangenen Jahrzehnten zunächst als unmodisch und altbacken galt und deshalb viele Winzer auch in Franken auf andere Formen setzten, erlebt der Bocksbeutel als Zeichen der Regionalitaet und Bodenstaendigkeit eine gewissen Renaissance. Ca. 40% der fränkischen Produktion werden in solche Flaschen gefüllt.
_Der Name_
Seine Herkunft ist ähnlich umstritten wie die Geschichte selbst. Kommt er platt von der erwähnten Parallele zum Hodensack des Bockes? Oder muss man im Althochdeutschen suchen. Heisst das "bauchige Buddel", "Bugs-Bueddel" (für eine Flasche, die man vorne am Gürtel befestigt, also am Bug) oder "Buch-Beutel". Um diese Deutung rankt sich die schönste Geschichte: solche Buchbeutel dienten als Umhüllung geistlicher Lektüre. Benediktinernonnen sollen in Franken den Wein statt der Bibel in den Beuteln getarnt haben. Wahlweise wird das auch von norddeutschen Ratsherren erzählt.
_Beutel-Weine aus aller Welt_
So sehr die Verbraucher den Bocksbeutel mit Franken verbinden, so wenig ist es den Franken gelungen, ihre Flasche für sich ganz alleine zu reklamieren. Der Europäische Gerichtshof entschied 1983, dass jede Region, die schon traditionell Bocksbeutel benutzt, diese auch weiter füllen darf. So gibt es auch Bocksbeutel aus Württemberg (der Bereich Kocher-Jagst-Tauber und der Bereich Tauberfranken, die aber auch ganz Nahe am Anbaugebiet Franken liegen), dann die Gemeinden Neuweier, Steinbach und Umweg bei Baden-Baden sowie einige griechische und portugiesische Herkuenfte.
_Der Bocksbeutel praktisch - oder unpraktisch_
So sehr die Flaschenform den Bedürfnissen der mittelalterlichen Soldaten nachkam, so wenig scheint sie den logistischen Zwaengen der Jetztzeit gerecht zu werden. Bocksbeutel passen nicht in normale Flaschenkuehler (sie brauchen dann eine Spezialform) und sie lassen sich im Regal nicht stapeln (aufrecht nebeneinander stellen ist die einzige sinnige Lösung - ausser natürlich Spezialsysteme).
Autor und Experte im Studio: Werner Eckert
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